Gastro / 3 Nov 2020

Die Zeit der Schlachtfeste ist da

E

s gibt nur wenige so besondere und typisch ländlich-ibizenkische Feste wie die Schweineschlachtung, sa matança genannt. Wenn der Winter naht und es langsam kälter wird, sorgt man auf dem Land traditionell vor und legt Nahrungsmittelvorräte an, um möglichst gut durch das Jahr zu kommen. Dazu zählt unter anderem auch das Schlachten der Nutztiere: Lämmer, Hühner, Kaninchen und Ziegen in ihren Ställen bei den Bauernhäusern waren auf dem Land ein alltäglicher Anblick.

Sie versorgten die Bewohner mit Milch, Eiern und Fleisch. Besonders die Schweinehaltung war im Hinblick auf den Nutzen und den Nahrungsmittelertrag vorteilhaft. Die Schweine wurden mit allem gemästet, was man finden konnte, zum Beispiel Essensabfälle, Johannisbrot oder Gemüse- und Obstschalen. Die Tiere wurden in Ställen in der Nähe des Hauses gehalten. Wenn sie ein Gewicht von 200 kg oder mehr erreicht hatten, wurden die Vorbereitungen für das Schlachtfest getroffen. Da die Schlachtung an nur einem einzigen Tag erledigt werden musste, trommelten alle Familien die Nachbarn, Verwandten und Freunde zusammen, damit sie beim Schlachten, beim Zerteilen und bei der Herstellung der Wurstwaren mithelfen konnten. Das Schlachtfest steht für eine Art der Zusammenarbeit, bei der am Ende ein jeder profitiert.

Schwein auf einem Bauernhof in Sant Rafel aufgezogen

Jeder der Arbeitsschritte war perfekt eingeübt und geplant, sodass nicht eine kostbare Minute verschwendet wurde und man das meiste aus dem Rohmaterial herausholen konnte. Der Tag begann für alle Beteiligten sehr früh mit einem üppigen Frühstück, da sie das nächste Mal erst wieder nach getaner Arbeit am Abend etwas zu essen bekommen würden. Auf dem Tisch durften Brot, Paprikastreichwurst (sobrasada), gebratene Würste (butifarrón), Ölgebäck und Landwein nicht fehlen. Manchmal gab es dazu auch gebratene Schnauzenbrasse, gerret genannt, mariniert oder als Filet. Nach dem Frühstück ging es ans Schlachten des Schweins, das auf einem großen stabilen Tisch stattfand. Dabei kam es vor allem auf das Geschick des Schlachters, des matancers an, der gekonnt das Messer schwingen und dafür sorgen konnte, dass die Schweine komplett ausbluteten – eine wichtige Voraussetzung für hochwertige Wurstwaren. Das Blut wurde aufgefangen und beständig gerührt, damit es nicht verklumpte und anschließend zur Herstellung der Wurstsorten butifarra und butifarrón verwendet werden konnte. Nach der Tötung wurde das Tier gründlich gesäubert und schließlich zerteilt. Kein Teil des Tieres sollte dabei verschwendet werden. Die Knochen und das Fett wurden entfernt und separat konserviert, um sie nachher für die Herstellung von Fleisch- und Gemüsefonds oder für landestypische Gerichte wie ossos amb col (Knochen mit Kohl) zu verwenden. Das Fleisch wurde wiederum in kleinere Stücke unterteilt, die für den Verzehr zu unterschiedlichen Zeitpunkten bestimmt waren. Für den Verzehr noch am selben Tag wurden die Nieren, die Zunge, das Lendenfilet, die Leber und die Rippchen beiseitegelegt. Für die Weiterverarbeitung zur Paprikastreichwurst, der sobrasada, wurden blutarme Fleischpartien zu Hack verarbeitet. Der Hals, der Kopf und das Blut wurden schließlich für die Herstellung der Blutwürste butifarra und butifarrón verwendet. In manchen Haushalten wurde das Fleisch auch zu Konservierungszwecken und für den späteren Verzehr in Salz eingelegt. Das Fleisch wurde dann in einem speziellen, gut belüfteten Hängeschrank namens carnera aufbewahrt. Die Gedärme wurden abgespült und mit Wasser und Bitterorangen, den sogenannten taronges de porc („Schweineorangen“) zusätzlich gereinigt und dienten dann als natürliche Pelle für die Wurstwaren. Während des gesamten harten Arbeitstages arbeiteten alle Beteiligten Hand in Hand: Während die Männer die Tiere zerteilten und das Gehackte durchkneteten, kümmerten sich die Frauen um die Reinigung der Gedärme und um die Essenszubereitung. Es gab am Schlachttag üblicherweise reich gewürzten Reis mit Pilzen und Fleisch, den sogenannten arroz de matanzas („Schlachtreis“), dazu einen Schmortopf mit Fleisch, Kartoffeln, Paprika und Knoblauch, Brot und jede Menge Landwein. Für die Herstellung der Wurstwaren, insbesondere der sobrasada hatte jeder Haushalt sein eigenes Rezept für die Gewürze, z.B. Paprikagewürz, Pfeffer, Muskatnuss oder Nelken. Nach der Fertigstellung musste die sobrasada noch einige Tage nachreifen, um die richtige Konsistenz zu bekommen. Dann wurde sie bis zum Verzehr unter die Decke gehängt. Im Gegensatz dazu konnten die Blutwürste butifarra und butifarrón direkt verzehrt werden, sofern sie erst einmal gekocht waren. Zum Abschluss des Arbeitstages feierten die Gastgeber als Dank für die Helfer ein großes Festmahl und beschenkten sie mit einem Teil der frisch hergestellten Wurst, typischerweise sobrasada oder butifarrón.

Aus dieser Tradition entstand ein reichhaltiges Erbe, das heute in der Gastronomie in verschiedensten Erzeugnissen und Rezepten weiterlebt. So werden beispielsweise auch heute noch Schweine der einheimischen Rasse gezüchtet, das sogenannte porc negre („schwarzes Schwein“). Im Rahmen der Gütesiegelinitiative „Sabors d’Eivissa“ („Die Geschmäcke Ibizas“) wurden wichtige Initiativen zum Erhalt dieser Schweinerasse auf den Weg gebracht. Die Schweine, aus deren Fleisch die sobrasada, hergestellt wird, sind garantiert auf der Insel aufgezogen und gemästet worden, hauptsächlich mit Getreide und Johannisbrot. Die Wurstwaren wurden nach den entsprechenden Qualitätsstandards hergestellt und mindestens 20 Tage bei Temperaturen unter 16ºC reifen gelassen. Die Züchter und schweinefleischverarbeitenden Betriebe haben sich verpflichtet, hochqualitative, im kleinen Rahmen hergestellte Produkte für die Gastronomie herzustellen, die zudem aus der Region stammen.

Ein gutes Beispiel hierfür ist die Metzgerei Carnes Juan Viola in Sant Antoni. Ihre sobrasadas wurden nicht umsonst mehrfach ausgezeichnet und mit dem Siegel „Sabors d’Eivissa“ versehen.

„Ossos amb Col“ und „Frita de Porc“

Die Rezepte rund um das Schlachtfest finden sich in unzähligen selbstverfassten Rezeptsammlungen auf der ganzen Insel. Da wären der „Schlachtreis“, der arroz de matanzas, der Schmortopf frita de porc, geschmorte Lendenstücke oder die berühmten ossos amb col, „Knochen mit Kohl“ – ein althergebrachtes Gericht, das sich noch heute, mitten im 21. Jahrhundert, größter Beliebtheit erfreut, den modernen Trends zur Fusion-Küche oder zur Dekonstruktion klassischer Gerichte zum Trotz. Auch im Restaurant „Es Rebost de Can Prats“ in Sant Antoni bleibt man der einheimischen Küche treu. Hier gibt es die traditionelle ossos amb col und viele weitere Gerichte, z.B. geschmortes Schweinefleisch, frita de porc. Die Freude und die Lust an typisch ibizenkischen Gerichten sind heute so lebendig wie eh und je und bei ihrer Herstellung kommen nur erstklassige Produkte wie ibizenkisches Schweinefleisch vom porc negre eivissenc zum Einsatz.

Sant Antoni – ein kulinarischer Genuss!

Es Rebost de Can Prats Restaurant
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